Du schläfst auf dem Sofa, denn als guter Gastgeber hast du mir dein Bett überlassen. Du musstest es mir gerade zu aufdrängen, denn ich bin es anders herum gewohnt, dass der Gast auf dem Sofa schläft. Aber ich bin müde, kaputt, morgen wird ein langer Tag. Also nahm ich dein Angebot dankbar an.

Das Kissen riecht nach dir. Alles hier riecht nach dir. Natürlich, es ist dein Schlafzimmer. Bevor ich die Augen schließe, sehe ich mich nochmal um. Sehe deinen Kleiderschrank, in dem die ausgewaschenen roten Chinos hängen, die ich gleichzeitig so lächerlich finde und trotzdem an dir mag. Der weiße Seemanspulli, der dir so gut steht. Auf dem Nachttisch liegt eine deiner Uhren, deiner „Schätze“, wie du sie nennst. Irgendeine teure Omega oder Sinn, ich kenn mich da nicht so aus. Ein Wecker, von dem ich weiß, dass du ihn nur im Notfall benutzt, weil du dich eher vom Handy wecken läßt. Eine kleine, einfache Nachttischlampe. Mehr nicht. Ich schlafe ein.

Mitten in der Nacht werde ich wach, ich muss ins Bad. Ich muss nur aus der einen Tür raus und zur anderen rein, trotzdem kann ich sehen – du hast ja auch nur eine Zwei-Zimmer-Wohnung – dass der Fernseher noch läuft. “Oh, er ist noch wach.” denke ich, und versuche, so leise wie möglich zu sein im Bad. Nachdem ich mir die Hände gewaschen habe und wieder durch die Tür schlüpfe, fällt mir auf, dass ich keinen Ton höre. Und weil mich eingeschaltete Fernseher schon immer angelockt haben, will ich jetzt wissen, was du dir da ansiehst. Ob es die Serie ist, von der du mir am Abend noch erzählt hast. Vielleicht ist die ja doch nicht so übel, wie sie sich für mich – trotz deiner Fürsprache – anhört. Ich linse um die Ecke. Du liegst in deine Decke gedreht auf dem Sofa und schläfst. Auf dem TV läuft ein Bildschirmschonerprogramm mit Landschaftsbildern. Dir passiert das also auch, dass du den TV anmachst, um einzuschlafen, und dann ist die Serie irgendwann zu Ende und der TV schaltet in den Bildschirmschonermodus. Ich muss lächeln. Wir haben so viel gemeinsam.

Ich gehe leise zu dir hinüber und nehme dir vorsichtig die Fernbedienung aus der Hand. Du murmelst irgendwas. Ich beuge mich etwas weiter zu dir runter. Ich kann dein Duschgel riechen, vermischt mit deinem Schweiss. Gleichzeitig drücke ich auf den Knopf der Fernbedienung, die den TV ausschaltet. Von deinem erneuten Gemurmel verstehe ich nur „Nicht….“. Ich kann dem Drang nicht widerstehen. Ich streiche über deine Stirn, deine lockigen Haare und sage dabei „Du sollst schlafen, wir müssen früh los.“ Beim zweiten Streichen folgt dein Kopf meiner Hand, sodass sie an deiner Wange liegen bleibt. Du öffnest die Augen und siehst mich verschlafen an.

Und irgendwas kickt in mein Hirn. Ich sehe dir in die Augen, fest, ernst. Ich kann sehen, wie du immer wacher wirst, deine Augen größer werden. Langsam nehme ich meine Hand von deiner Wange, richte mich auf, nur um ein Bein über dich zu schwingen und mich über dich zu knien. Du drehst dich unter mir, sodass du jetzt auf dem Rücken liegst. Noch immer schaust du mich aus immer größer werdenden Augen an. Aber du sagst nichts. Ich lasse mich langsam auf deiner Hüfte nieder. Ich weiß, dass du spüren kannst, dass ich unter dem Nachthemd keine Unterwäsche trage. Und ich spüre, dass du es spürst. Ein paar Minuten lang verharren wir so, keiner von uns sagt etwas, keiner bewegt sich, denn jede Bewegung wäre zuviel. Nur der intensive Augenkontakt bleibt zwischen uns. Du weißt, dass ich dich will. Ich weiß, dass du nicht abgeneigt wärst, aber dein Kopf hängt noch in der Vergangenheit. Wir beide wissen, dass diese Grenze, die wir nie überschreiten wollten, gerade dabei ist, zu zerfliessen, im Dunkel der Nacht. Du unternimmst einen letzten Versuch, deinen Kopf gewinnen zu lassen und setzt an: „Ich weiß nicht….“ Weiter kommst du nicht. Ich lege dir meine Hand auf den Mund. Nicht fest, aber schnell. Du könntest sie beiseite schlagen, du könntest auch durch sie durch weiter reden, sie liegt locker genug auf, dass ich dich noch verstehen könnte. Aber du verstehst die Geste. Und sagst nichts mehr.

Wieder sitzen wir lange bewegungslos da, starren uns nur an. Aus irgendeinem Grund muss ich an all die Dokus über Hundeerziehung denken, „Bloss nicht zuerst wegsehen“ wird da gepredigt. Ich bin auch unsicher, ob ich weitergehen soll. Ob das hier nicht schon zu weit ist. Und ich sehe, dass du meinen inneren Kampf genauso in meinen Augen lesen kannst wie ich deinen. Du gibst mir ein Zeichen, ein kleines nur, indem du langsam die Augen schließt und wieder öffnest. Wie ein Nicken. Langsam lasse ich meine Hand von deinem Mund sinken, lege sie auf deine Brust. Ich kann dein Brusthaar unter meinen Fingern spüren. Wie es sich kräuselt. Deinen Herzschlag, ruhig und doch kräftig. Deine Haut, warm wie die Sonne heute mittag. Ich sauge diese Empfindungen auf wie ein Schwamm. Dann greife ich an die Enden meines Nachthemdes und ziehe es mir mit einem Ruck über den Kopf. Als ich es auf der Sofalehne ablege, kann ich deinen Blick sehen, wie er zu meinen Brüsten wandert. Wie deine Augen einen Moment größer werden, weil sie die beiden kleiner in Erinnerung hatten. Weil du lange andere präsentiert bekommen hattest, die dir jetzt aber verwehrt sind. Ich sehe, wie deine Augen hin und her flitzen, weil sie die Größen meiner beiden vergleichen, abschätzen, überlegen, im Dunkel genaueres zu erkennen versuchen. Ich kann auch die Räder hinter deiner Stirn arbeiten sehen, dass du nachdenkst, ob das in Ordnung ist, ob du weitergehen darfst, ob du weitergehen sollst. Ich kann spüren, wie du reagierst und gleichzeitig versuchst, nicht zu reagieren. Also umgreife ich sanft dein linkes Handgelenk und lege deine linke Hand auf meine rechte Brust. Und meine Hand auf deine, damit du sie nicht gleich wegziehst. Du schaust mir nochmal in die Augen, ich kann alles darin sehen: die Zweifel, das Versprechen, den Wunsch, alles wirbelt durcheinander. „Schalt den Kopf aus.“ flüstere ich leise. Einen Moment ergibst du dich noch den Zweifeln. Und dann, mit einem Ruck, überwindest du dich, wie du es von mir immer forderst. Mit deiner anderen Hand greifst du nach meiner anderen Brust, knetest beide erst langsam, zärtlich, dann kommst du hoch und vergräbst deinen Kopf darin. Ich umarme dich. Genau das hab ich gewollt, dieses Gefühl jetzt. Diese Wärme. Diese Nähe.


Aruba

Geboren 1981, Fränggin, im hessischen Exil lebend weil am Flughafen Frankfurt beschäftigt, Katzenpersonal, Dreirad-Rollerfahrerin, BDSM-Interessierte, übergewichtig na und?, Schokoladenliebhaberin