Ich bin zwiegespalten, was meine Gefühle für bzw gegenüber Demetrius anbelangt. Das habe ich gestern bei dem Anwaltstermin in Hanau wieder deutlich gemerkt. Man könnte es am ehesten mit „Zuckerbrot und Peitsche“ vergleichen. Denn einerseits sind da immer noch die Gefühle von damals für ihn, irgendwo tief verwurzelt in mir. Oder zumindest so tief in mich reingewachsen mittlerweile, dass es sich wie verwurzelt anfühlt. Ich kann einfach nicht vergessen, wieviel Spaß wir immer wieder hatten und wie gut es mir getan hat, mit ihm zusammen zu sein. Wie unbeschwert sich vieles angefühlt hat. Ich muss z.Bsp. An die Fahrradtour denken, die ich mit ihm und Simba gemacht habe. Simba saß in so einem Kinderanhänger, den wir bei mir am Rad festgemacht haben (an Demetrius` Rad hielt das Ding einfach nicht). 12km nach Hainburg zu einer bestimmten Eisdiele. Auf dem Rückweg rief Simba begeistert von hinten raus „Schneller!“ Oder wie wir auf Dosensuchtour durch Hanau geradelt sind bis in die Nacht hinein. Selbst sowas einfaches wie zum Globus einkaufen fahren ist mir teilweise noch im Gedächtnis, weil wir miteinander geblödelt haben und Spaß hatten.
Naja, zumindest ich hatte Spaß. Denn wenn ich an die andere Seite denke, frage ich mich immer wieder, wieviel Berechnung bei all diesen Unternehmungen von seiner Seite aus drin lag. Ob er mich mit solchen Aktionen nur geködert hat. (Und wenn ja, wie er so verdammt gut schauspielern kann, dass das echt rüber kam) Inwiefern er sich gedacht hat „ok, ich koch heute abend für sie mit, dafür lass ich mich dann da und da hin fahren, und das soll sie mal machen, und das und und und“. Ich halte ihn mittlerweile verschlagen genug, um ihn zu unterstellen, dass er so denkt. Dass er bei allem, was er für einen tun soll, das mindestens doppelt zu seinem Vorteil aufzuwiegen versucht. Vielleicht ist das tatsächlich nur eine Unterstellung meinerseits, aber ich bin nunmal an einem Punkt mittlerweile, wo ich ihm diese Art zu denken zutraue.
Es gibt noch die dritte Seite. Die Furie in mir. Die sich anschaut, was er mich gekostet hat bisher, und rasend vor Wut wird. Die wie die Königin in „Alice im Wunderland“ schreit „Ab mit seinem Kopf!“. Die ihn für alles bezahlen lassen und bluten sehen will (bluten im übertragenen Sinne, nicht im wortwörtlichen). Die ihn anschreien will „Was hast du dir dabei gedacht, mich auszunehmen, mir da meine Ersparnisse abzuquatschen, mich dort in einen Kredit zu manövrieren? Ich hab dir vertraut! Ich hab dir geglaubt, dass das was wird! Und jetzt bin ich schlimmer dran als vorher! Alles wegen dir!“ Da ist diese Furie in mir, die ihn vor Gericht zerren und verklagen will, die den Richter hören will, wie er mir Recht gibt und Demetrius dazu verdonnert, mir das doppelt und dreifache meiner Verluste zu erstatten. Und die dann mit Genugtuung im Gerichtssaal sitzt und zusieht, wie die Staatsanwaltschaft Demetrius in Gewahrsam nimmt, weil seine nicht ganz so legalen Spielchen aufgeflogen sind und jetzt genauer untersucht werden. Da bricht auch die Domme in mir durch und verlangt dann, wenn er später irgendwann mal reuevoll ankommt und zu mir sagt „Du warst doch das Beste, was mir je begegnet ist, bin zu blöd gewesen, es eher zu erkennen“, die Domme jedenfalls verlangt dann von ihm, dass er sich meinen Respekt erstmal schön wieder erarbeiten muss, am besten in einer FLR.
Zwischen all diesen Gefühlen schwanke ich. Gerade, als ich die ersten drei Absätze geschrieben hatte, fuhr der Zug durch Hanau. Und in mir war dieses bittersüße Gefühl. Dieses Vermissen. Gestern beim Anwalt setzte auch wieder irgendwas in der Art ein. Irgendwas in mir will ihn verteidigen, will sagen „Er hat es eigentlich gut gemeint, er hat ja auch dran geglaubt.“ Und fünf Minuten später wieder anders rum, wieder dieses „Ich will ihn leiden sehen!“. Alleine dieses Wechselbad macht mich fertig. Ist das normal? Ist das ein Heilungsprozess? Ist es in Ordnung, ihn so zu verfluchen? Sind das Anzeichen eines Stockholm-Syndroms, dass ich ihn – teils eben sogar gegenüber mir selbst – noch verteidigen will? Und kann bitte einer diese ganzen Drum-herum-Gedankengänge aus meinem Kopf nehmen, das strengt fast noch mehr an als die Wut und die Gefühle an sich.