Es ist viel passiert, und irgendwie auch gar nichts. Wie es nun mal so ist in dieser merkwürdigen Zeit.
Ich war bei meinen Eltern für 12 Tage. Mehr habe ich nicht ausgehalten, weil Mama dann plötzlich eine merkwürdige Phase hatte und ich das Gefühl hatte, dass sie nur noch austeilt gegen mich. Und das kann ich einfach nicht aushalten auf Dauer. Also hab ich mindestens zwei Tage früher als geplant meine Sachen gepackt und bin wieder gefahren. Die Folge davon war, dass ich nochmal fast zwei Wochen bei mir zuhause war und hier Däumchen drehte. Ich komme langsam in die Phase, wo auch ich nichts mehr mit mir anzufangen weiß. Im Sommer kann man wunderbar lange draussen aufm Balkon sitzen, lesen, spazieren gehen, einfach die Natur beobachten….aber jetzt, im Winter, mit der immer früher einsetzenden Dunkelheit, geht das alles nicht. Draussen ist es kalt, da muss ich in der richtigen Stimmung sein, um nen Spaziergang zu machen. Ins Fitnessstudio kann ich ja nicht, das waren sonst schon mal zwei, drei Stunden, die ich mit hinfahren, trainieren und wieder zurück fahren verbracht habe. Shoppen will ich nicht, in der Vorweihnachtszeit ist es eh immer so voll in der Stadt. Und jetzt soll man ja jeden unnötigen Gang vermeiden.
Ausserdem nagt der Kredit, den ich wegen Demetrius` Auto aufgenommen hab, mittlerweile spürbar an meinem Konto. Mir fehlen mittlerweile über €2000 dadurch. Ich kann nur hoffen, dass die ganze Geschichte irgendwie so ausgeht, dass Demetrius mir alles zurück zahlen muss, was ich seinetwegen verloren hab.
Dieses langsame Abgleiten ins Minus mit dem Konto, das zerrt an mir. Und zehrt mich auf. Denn es ruft auch immer wieder den Gedanken hervor „ich wäre nicht in dieser Situation, wenn ich auf mein Bauchgefühl gehört hätte, wenn ich standhaft geblieben wäre, wenn ich mich nicht bequatschen hätte lassen…“ Manchmal erhebt sich selten danach eine andere Stimme, die sagt „Nein, du hast alles richtig gemacht, du hast mindestens dreimal Nein gesagt, als Demetrius dich gefragt hat, ob du einsteigen willst. Er hat dein Nein nicht respektiert. Er hat dich geködert bist du eingeknickt bist. Er ist schuld. Er rührt sich seit Monaten nicht, fragt nicht, tut nichts. Er hat nicht mal angeboten, dir das Geld für den Kredit vom Auto zu geben, als du gesagt hast, dass du nicht mehr kannst. Er hat sein Versprechen, dir deine Anteile abzukaufen wenn du wieder raus willst, gebrochen. Er. Er Er Er Er Er. Er.“ In solchen Phasen kann es passieren, dass ich seine Facebook-Seite google. Oder die alten WhatsApp-Nachrichten durchgehe. Irgendwas in der Art. Ich weiß nicht, warum ich das mache. Warum ich mich damit quäle. Ich frage mich dann immer, warum ich nicht loslassen kann. Warum ich es in mir immer und immer und immer wieder hoch kommen lasse. Ist das meine Art, zu verarbeiten? Es so lange durchzukauen, bis ich bereit bin, es loszulassen?
Heute ist Samstag. Am Donnerstag war ich bei einer Gerichtsvollzieherin und gab Auskunft über das Vermögen der GmbH. Ich hoffe, ich habe an alles gedacht. Ich hoffe, ich konnte glaubhaft machen, dass ich nicht mehr weiß und versucht habe, mich an alles zu erinnern. Letzte Woche Freitag hatte mein Anwalt ein Schreiben an den Anwalt des anderen Geschäftsführers, des Friseurs, geschickt, in welchem er ihn auffordert, eine Gesellschafterversammlung mit Betreff „Insolvenzstellung“ einzuberufen. Diese Woche ist nichts passiert. Ich vermute, auch nächste Woche wird nichts passieren. Ich bin gespannt, wie es dann weiter geht. Denn mir spukt ein bestimmter Begriff mit diesem Versäumnis im Kopf herum. Einer, der mir nicht mehr vorgeworfen werden kann. … Aber ich merke auch, dass mir diese unerledigte Sache auch Energie raubt. Viel. Dass es irgendwo in meinem Hinterkopf rumort und ich nicht frei entscheiden kann, wie ich weiter machen will. Weil ich da immer noch ein Damoklesschwert im Nebel über mir schweben sehe. Und dass der beste Kumpel angekündigt hat, dass er wegen seiner eigenen finanziellen Pleite seine Wohnung verkaufen werden muss und mir damit der Lagerplatz für die Ladeneinrichtung flöten geht, hilft auch nicht. Ich möchte endlich abschließen mit dieser Laden-Geschichte. Ich möchte es endlich aus meinem Hirn streichen können.
Ich möchte mir überlegen, wie es weiter gehen soll mit mir, meinem Leben. Soll ich irgendwie noch versuchen, Kinder zu bekommen? Nächstes Jahr werde ich 40, ich wäre also eh eine alte Mum dann. Andrerseits fühle ich mich so langsam bereit. Sofern man für`s Kinder kriegen bereit sein kann. Aber dann brauch ich eine größere Wohnung. Idealerweise einen Mann, der einen Teil der Verantwortung übernimmt. Via Co-Parenting oder was weiß ich.
Eine andere Frage, die ich mir stelle, ist, ob ich am Flughafen bleiben soll. Wir werden noch mindestens ein Jahr Kurzarbeit haben, wahrscheinlich mit dem gleichen Stundenanteil wie jetzt, 30%. Aber angeblich will die Firma ab März nicht mehr das Gehalt aufstocken. Und dann? Muss ich dann selber irgendwo was beantragen? Dann lachen sie mich wieder aus auf den Ämtern, weil ich doch eigentlich so gut verdiene. Aber so ist das mit dem guten Verdienst, du gewöhnst dich daran, ratzfatz, und passt deinen Lebensstil an und dann reicht es trotz allem gerade so. Und selbst, wenn sie weiter aufstocken, was mache ich dann mit der ganzen Zeit? Ich hab Brettchenweben angefangen, das macht Spaß. Aber von den Handarbeiten kann ich mir kein zusätzliches Gehalt finanzieren. Bei meinen Rechenkünsten würde ich noch nicht mal kostendeckend was verkaufen können, weil es mir zu teuer vorkäme. Und nähen kann ich auch nicht gut genug, dass es als Zweitjob reichen würde. Ausserdem hasse ich den Papierkram mit der Steuer, der mich dann erwarten würde. Ich mag ja noch nicht mal den Papierkram für die Einkommenssteuererklärung für den Hauptjob, den geb ich immer zu nem Steuerberater.
Eine kluge Frau schrieb in ihrem Blog vor einiger Zeit, dass sie das Gefühl habe, in einem Sturm zu stehen und nicht genau zu wissen, in welche Richtung sie gehen soll. Ich fühle mich gerade genauso.