Es gibt Dinge, die muss man machen. Atmen zum Beispiel. Trinken. Auf`s Klo gehen. Für die meisten fällt auch essen darunter. Alles darüber hinaus ist eher „will ich, sollte ich, wär besser für mich“.
Es gibt aber auch Dinge, die sollte man machen, auch wenn sie einem nicht behagen. Sport. Lesen und schreiben lernen. Bisschen rechnen können. Fremdsprachen sind auch nicht verkehrt.
Und es gibt Dinge, die sollte man machen, damit sie später kein anderer machen muss. Vorsorgeverfügungen. Patientenverfügung. Bestattungsverfügung. Testament. Natürlich ist es nicht berauschend, sich über sein eigenes Ableben sowie das Davor und vor allem das Danach Gedanken zu machen. Oder das Ganze schriftlich festzuhalten, denn das macht einem erst bewusst, wie weitreichend diese Themen über „verbuddelt mich einfach und gebt alles Mama&Papa/Partnerperson/der Wohlfahrt“ hinaus doch sind.
Ich habe mich gerade an meine Patientenverfügung gesetzt. Es gibt da von der Stiftung Warentest entsprechende Mappen zu kaufen, kosten so etwa 12-15€. Wenn man das so liest, worüber man sich da Gedanken machen muss….will ich lebensverlängernde Massnahmen? Wenn ja, welche? Künstliche Beatmung? Künstliche Ernährung? Flüssigkeitszufuhr? Medikamente gegen Schmerzen? Erst, wenn ich schon im Zustand „dahinsiechende Kartoffel“ bin, oder auch schon bei „im Film würden sie jetzt noch zweimal reanimieren“? Und wer soll da noch mitreden können? Was, wenn ich dement werde? Wie stehe ich dann zu diesen Punkten? Will ich meine Organe spenden?
Was bei mir weitere Fragen aufwirft: wenn ich weiß, dass ich sterben werde – Spoiler: das werden wir alle -, warum sollte es für mich einen Unterschied machen, ob ich jetzt mit Krebs im Endstadium im Hospiz liege oder auf ner Intensiven im Koma? Warum sollte ich mich im einen Fall für die einen Optionen entscheiden und im anderen Fall für was anderes? Wie gesagt, es ist noch keiner lebend aus dem Leben heraus gekommen (egal, was einige Leute über Elvis behaupten). Ich kann ja noch verstehen, dass man im Falle eines Unfalls nochmal wiederbelebt werden möchte, aber wenn es von ärztlicher Seite dann doch heisst: „Ne, das wird wohl nix mehr, höchstens noch so `ne Sunny-von-Bülow-Nummer“….also ich möchte keine komatöse Kartoffel sein. Oder künstlich ernährt werden. Dann liegst du da wochen-, monate-, vielleicht jahrelang im Bett, dutzende Schläuche und Kabel an dir dran, und kannst dich nicht mal dagegen wehren wenn dir die Krankenschwester Germanys Next Doofmodell einschaltet weil sie das für große Unterhaltung hält. (Notiz an mich: unbedingt solche Verdummungsshows per Sondernotiz ausschließen!!!)
Oder ne Vorsorgevollmacht. Wer soll in welchem Fall worüber entscheiden können und wie weit reichend darf diese Person das. Vertraue ich jemandem so sehr, meine Interessen in einem entsprechenden Fall zu wahren? Würde diese Person das auch machen? Oder sollte ich mich da lieber an professionelle Personen und Institutionen wenden? Letztere wären z.bsp. Anwälte und Kirchen (Spoiler: Kirche, als ob LOL). Oder eben Betreuer.
Nein, das ist kein schönes Thema. Aber wie sieht die Alternative aus? Leben bis der Arzt kommt. Und nach dem der Typ mit der Sense. Aber in der Zeit dazwischen, da will man ja auch, dass die eigene Wünsche respektiert werden. Die einen wollen so lange es geht am Leben bleiben, die anderen würden gerne -wenn schon keine aktive Sterbehilfe- dann wenigstens kein unnötiges Wiederbeleben. Ich bin wie gesagt Team „kein Bock auf dahinsiechende Kartoffel“ und damit irgendwo mitten drin zwischen den beiden großen Blöcken. Ich möchte weder unnötig am Leben gehalten noch vorzeitig abgeschrieben werden. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich gerne sterben wie mein ehemaliger Lehrer Herr F.: an den Frühstückstisch setzen, umgedreht, tot. Und bis dahin geistig und körperlich fit genug, um noch alles selbst geregelt zu bekommen.
Aber da steckste halt nicht drin. Älter werden wir alle, das merk ich mit jedem Jahr mehr auf der Uhr. Unser Körper erst recht. Der Verschleiß nimmt zu. Und auch wenn mittlerweile viel ausgetauscht werden kann im Vergleich noch zu von vor hundert Jahren, Ersatzteile sind selten so gut wie neue Orginalteile (das klingt jetzt wie ne Werbung für Fast&Furious, und dabei kenn ich die Filme nicht mal)(Nein, ich stand nicht auf Paul Walker. Auch nicht auf Vin Diesel.) Du weißt nicht, wann deine Zeit abgelaufen ist. Selbst Krebs ist heute nicht mehr die Schockdiagnose wie früher. Bestrahlung, Chemo, OP, was heute alles getan wird, um dem Wildwuchs des Gewebes Herr zu werden und Gevatter Tod noch ein paar Jahre abzuringen; sofern der Patient mit macht.
Es muss ja auch nicht immer gleich tödlich ausgehen, warum man eine Verfügung brauchen kann. Es muss noch nicht mal so weit kommen, dass man sie braucht. Alleine schon zu wissen, dass man für den Ernstfall vorgesorgt hat, beruhigt. Das ist wie mit ner Rechtsschutzversicherung: man macht sie halt, aber im Idealfall braucht man sie nie. Oder Feuerlöscher im Haushalt. Pfefferspray in der Handtasche. Man will diese Dinge nicht brauchen müssen, aber es ist gut, sie getan zu wissen.