Ich fahre gerne Zug. Während meiner Schulzeit bin ich nahezu täglich mit dem Bus zur Schule und mittags mit dem Zug nach Hause. Der Zug war entspannter, es waren nicht so viele Leute drin bzw man konnte sich ein Abteil suchen, wo eben nicht viele waren. Man konnte schon mal mit den Hausaufgaben anfangen. Und der Zug fuhr nur eine Station, während der Bus mindestens fünf anfuhr.
Ich fahre immer noch gerne mit der Bahn. Es ist entspannter. Ich kann rausschauen während der Fahrt, die Landschaft betrachten, wie sich der Baustil von Süd nach Nord ändert, mehr Kühe und Pferde an der Bahnstrecke geweidet werden. Ich liebe es, Gebäude zu sehen und mir zu überlegen, welche historische Geschichten sie wohl haben. Gutshof, Pferdezucht, Bauernhof, Remise…oder alte Bahnhofsgebäude, was die schon alles gesehen haben. Bei modernen Gebäude schaue ich mir die Fensterverteilung an und wo die Balkone positioniert sind. Ob das Haus „lebt“ oder einfach nur ein Nutzbau ist. Ich liebe es, auf die Wiesen und Weinberge bei uns zuhause hier in Mainfranken zu schauen, die geraden Reihen der Rebstöcke haben etwas von den japanischen Zengärten. Und neben mir fließt mein Fluss, der Main. Ein langer, ruhiger Strom von Wasser, breit genug für die Schiffahrt, aber das andere Ufer immer nah genug, dass man denkt „Da kann ich zur Not hinschwimmen.“
An der ICE-Strecke zwischen Würzburg und Göttingen wechseln sich Tunnel und Landschaften ab. Man kann zwischen den Tunneln weit in die Täler hineinschauen, sieht Wald und Wiesen, wenn man Glück hat auch mal Rehe. Besonders mag ich die Täler mit Flussläufen. Ich sagte ja oben schon, der Main ist mein Fluss, aber auch jedes andere Gewässer zieht, gerade aus dem Zug heraus, meinen Blick an. Woran mag das wohl liegen, dass Wasser so eine Anziehungskraft hat? Ob das was mit den letzten zwei Sommern zu tun hat, als Wasser Mangelware war? Oder damit, dass das Dorf, in dem ich in Hessen wohne, kein richtiges Gewässer hat und mir mein Fluss fehlt? Dabei habe ich nicht unbedingt die besten Erinnerungen an Wasser. Eine meiner frühesten Kindheitserinnerungen ist, wie ich an einem Bachlauf o.ä.stehe und mein Teddy hinein fällt. Mama erzählt mir heute noch, dass ich stundenlang Rotz und Wasser geheult habe und sie und Papa jeden Laden in der Gegend (wir waren wohl irgendwo in Urlaub) abgeklappert haben, um mir einen halbwegs adäquaten Ersatz zu beschaffen. Oder 2013, als ich beim Tauchen in Ägypten war und beim zurückschwimmen immer weiter von meiner Gruppe weggetrieben wurde. Zu meiner Verteidigung, ich hatte da noch keine 20 Tauchstunden auf der Uhr. „Lasst euch treiben, wenn ihr keine Kraft mehr habt, das Meer spült euch schon an Land.“ Von wegen.
Und trotzdem fahre ich immer wieder an die Nordsee, immer wieder nach Hamburg. Zu jedem Hamburg-Besuch gehört eine Alsterfahrt für mich dazu. Diesmal werde ich wohl selber Steuer und Tau in die Hand nehmen, ich hab mir eine Segelschnupperstunde gebucht. Vielleicht mache ich dann diesmal eher eine Elbefahrt, wenn ich selber auf der Alster schippere. Vielleicht hätte ich den Neoprenanzug mitnehmen sollen? Und die restliche Tauchausrüstung? Naja, wird schon. Ich krieg ja bestimmt ne Schwimmweste. Wichtiger ist, nicht seekrank zu werden. Es gab mal ne Zeit, da wurde ich schnell seekrank, egal ob Pott oder Nussschale. Nix half, weder in die Weite schauen noch trinken noch essen…nur hinlegen und Augen zu. Ich bin gespannt, wie es dieses Wochenende sein wird. Ob das Neugier-Hirn übernimmt und der Seekrankheit keinen Raum läßt. Ob ich danach weitermachen will (wahrscheinlich ja), und wo und wie.
Jetzt muss ich erstmal nach Hamburg kommen. Gerade fährt der ICE nach Hannover ein. Dann wird der Bremen-Zug abgekoppelt und es geht weiter in den Norden. Sänk ju for träwelling wis Deutsche Bahn, vorsicht bei der Abfahrt des Zuges.